Konzept zur Weiterentwicklung der städtischen Grundschulen ab dem Schuljahr 2013/14
Beschluss:
Der Beschlussvorschlag der Verwaltung wird abgelehnt.
Protokoll:
Vor der Beratung des Tagesordnungspunktes führt Bürgermeister Schobert aus, dass die Verwaltung im Vorfeld der heutigen Beratungen von mehreren Ratsmitgliedern unterschiedlicher Fraktionen gebeten worden sei, zu prüfen, ob das Ratsmitglied Margrit Niemann möglicherweise bei der Beratung über den Punkt "Konzept zur Weiterentwicklung der städtischen Grundschulen" einem Mitwirkungsverbot im Sinne des § 41 NKomVG unterliege. Frau Niemann sei nach eigenem Bekunden Angestellte des Landes Niedersachsen und aus dieser Beschäftigung heraus seit mehreren Jahren für 1,5 Stunden in der Woche an der Grundschule Friedrichstraße beschäftigt. Nach Angaben von Frau Niemann ende diese Beschäftigung am 31. Januar 2013. Bei der Beantwortung der Frage, ob ein Mitwirkungsverbot vorliege, komme auf die Unmittelbarkeit des Vor- oder Nachteils an. Dies bedeute, dass die zu treffende Entscheidung unmittelbare Wirkung für das betroffene Ratsmitglied oder dessen Angehörige entfalten müsse. Im vorliegenden Falle sei zu berücksichtigen, dass die Schließung der Grundschule Friedrichstraße bei entsprechendem Ratsbeschluss erst in einigen Jahren erfolge, das Arbeitsverhältnis von Frau Niemann aber bereits in sechs Wochen ende. Alle um Mithilfe gebetenen Stellen seien übereinstimmend zu dem Schluss gekommen, dass eine endgültige und umfassende Klärung der Frage zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich sei, da eine entsprechende Rechtsprechung fehle. So habe beispielsweise der Landkreis Helmstedt mitgeteilt: "Ich muss allerdings einräumen, dass die Regelungen des Mitwirkungsverbotes und die daraus resultierenden Forderungen auch - oder vor allem - nach der entsprechenden Rechtsnovelle in der Juristerei höchst unterschiedlich diskutiert werden." Letztendlich teile die Verwaltung die Einschätzung des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes des niedersächsischen Landtages, der wie folgt ausführt: "Sollte die Einlassung des Ratsmitgliedes über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zutreffen, spricht daher bei kursorischer Prüfung Überwiegendes gegen ein Mitwirkungsverbot. Ergänzend sollte berücksichtigt werden, dass ein Beschluss bei dem ein Ratsmitglied zu Unrecht ausgeschlossen wurde, unwirksam ist, ohne dass es darauf ankommt, ob die Mitwirkung Auswirkung auf ein Abstimmungsergebnis gehabt hätte. Dagegen ist ein Beschluss, bei dem ein Ratsmitglied trotz Vorliegen eines Verbotes mitgewirkt hat, nur dann unwirksam, wenn die Mitwirkung für das Abstimmungsergebnis entscheidend war." Demnach stelle er aus Sicht der Verwaltung fest, dass ein Mitwirkungsverbot von Frau Niemann nicht vorliege, da sie ihre Tätigkeit in der Grundschule Friedrichstraße am 31. Januar 2013 beende. Ratsmitglied Rosinski gibt den Sachverhalt anhand der Vorlage bekannt und verliest den Beschlussvorschlag. Frau Niemann erklärt, dass sie am Abend des 04.12.2012 einen Tag vor der Sitzung des AJFSS durch den Bürgermeister mündlich darüber informiert worden sei, dass sie möglicherweise dem Mitwirkungsverbot unterliege. Obwohl sie mehrfach darum gebeten habe, eine schriftliche Stellungnahme der Verwaltung zu erhalten, sei dies bis zum heutigen Tage nicht geschehen. Als Mitglied des Rates sei sie auf eine fundierte, schriftliche und rechtlich einwandfreie Auskunft der Stadtverwaltung angewiesen, wenn es sich um einen so wichtigen Eingriff in die Mandatstätigkeit handele. Das gesamte Verfahren sei keinesfalls harmlos und es könne grundsätzlich jedes Ratsmitglied betroffen sein. Insofern sei eine klare Regelung und Abgrenzung über die Fälle des Mitwirkungsverbotes dringend notwendig. Im vorliegenden Falle wisse sie nicht recht, ob die Verwaltung nur Angst um bestimmte Mehrheiten hatte, einen klaren Fehler nicht eingestehen oder aber konkrete Tatsachen verschleiern wollte. Sie hätte sich gewünscht, dass die handelnden Personen die Größe gehabt hätten, ihren Fehler einzugestehen. Vor diesem Hintergrund fordere sie für die Zukunft, dass die Verwaltung bei strittigen Fragen schnelle und rechtlich einwandfreie Auskünfte erteile und dies in schriftlicher Form. Dies beziehe sich nicht nur auf das Mitwirkungsverbot sondern auch auf andere Fälle. Abschließend bitte sie um Mitteilung für den gesamten Rat, was der Inhalt eines Mitwirkungsverbotsverfahren sei, wer dieses einleite, wer es durchführe und ob der Bürgermeister ein Mitwirkungsverbot feststellen könne oder es dazu eines Ratsbeschlusses bedürfe. Herr Schobert erwidert, dass die Verwaltung von mehreren Ratsmitgliedern auf ein mögliches Mitwirkungsverbot des Ratsmitgliedes Niemann angesprochen worden sei. Daraufhin sei eine interne rechtliche Prüfung erfolgt, über deren Ergebnis er Frau Niemann am 03.12.2012 sowohl mündlich als auch schriftlich in Kenntnis gesetzt habe. Er zitiere die EMail wie folgt: "Liebe Margrit, wie telefonisch mitgeteilt, hat das Büro des Rates Deine Mitwirkung an der Beratung und Beschlussfassung der Ratsvorlage V 138/12 "Konzept zur Weiterentwicklung der städtischen Grundschulen ab dem Schuljahr 2013/2014; Aufhebung der Grundschule Friedrichstraße" geprüft. Nach Deinen Angaben bist Du seit mehreren Jahren beim Land Niedersachsen angestellt und seit dem an der Grundschule Friedrichstraße beschäftigt. Das Mitwirkungsverbot für Ratsmitglieder ist im § 41 NKomVG geregelt. Zusammenfassend wird von Seiten unseres Büro des Rates festgestellt, dass es auf die Unmittelbarkeit des Vor- oder Nachteils ankommt. Dies bedeutet, dass die zu treffende Entscheidung unmittelbare Wirkung für das betroffene Ratsmitglied oder dessen Angehörige entfalten muss.
In deinem Falle bleibt festzuhalten, dass der Beschluss über die Schließung der Grundschule Friedrichstraße eine unmittelbare Wirkung auf dich hat.
Selbst wenn mit dieser Entscheidung kein Arbeitsplatzverlust einhergehen würde, so müsste dennoch bei einer Schließung zumindest der Arbeitsplatz gewechselt werden. Dies kann vor- oder nachteilhaft sein. Auf jeden Fall würde eine solche Entscheidung eine unmittelbare Wirkung entfalten, da du im Falle einer Aufhebung nicht mehr für die Grundschule Friedrichstraße tätig sein kannst.
Dies bedeutet, dass du sowohl bei den Beratungen im Fachausschuss, als auch im Verwaltungsausschuss sowie im Helmstedter Rat dem Mitwirkungsverbot unterliegst und daher nicht mitwirken darfst.
Dies sei die schriftliche Mitteilung, die Frau Niemann am 03.12.2012 zugegangen sei. Am Mittwoch, dem 05.12.2012, habe sich Frau Niemann an den Landkreis Helmstedt gewandt. Die Aufsichtsbehörde habe sich an diesem Tage nicht in der Lage gesehen, diesen Sachverhalt innerhalb weniger Stunden abschließend zu prüfen. Dies sei auch Frau Niemann mitgeteilt worden. Der Landkreis Helmstedt habe noch am selben Tage um die Übermittlung der rechtlichen Stellungnahme der Stadt Helmstedt gebeten, was unmittelbar erledigt worden sei. Am 12.12.2012 habe sich dann der Landkreis Helmstedt zum Mitwirkungsverbot geäußert. Zusätzlich habe man den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landes Niedersachsen eingeschaltet. Am heutigen Tage sei zudem noch eine Stellungnahme der Landesschulbehörde eingegangen, welche ein Mitwirkungsverbot eher als gegeben ansehe. Dies zeige deutlich, dass es im vorliegenden Falle durchaus differenzierte Meinungen gebe. Zusammenfassend könne er erklären, dass er nicht erkennen könne, dass die Verwaltung hier untransparent gehandelt habe. Die jeweiligen rechtlichen Standpunkte seien stets offen kommuniziert worden, so dass er den Vorwurf des Ratsmitgliedes Niemann nicht nachvollziehen könne.
Herr Strümpel merkt an, dass sich der Rat mit dem vorliegenden Thema lange und ausgiebig beschäftigt habe. Seine Fraktion häbe während dieser Zeit einen Lernprozess durchgemacht, welcher letztlich zu einem Meinungsumschwung geführt habe. Am heutigen Tage könne er erklären, dass die SPD-Fraktion geschlossen gegen die Schulschließung stimmen werde. Eine Schule sei kein Wirtschaftsbetrieb. Mit guten Pädagogen, nachhaltigen Konzepten und einer engagierten Schulleitung habe man ein Pfund, das weit mehr wiegt als irgendeine Schulstruktur. Zu Beginn des Prozesses habe auch seine Fraktion einer Schulschließung offen gegenüber gestanden und diese im Konsoliderungsprogramm verankert. Allerdings müsse man feststellen, dass ein wirkliches Einsparpotential durch eine Schulschließung bis zum heutigen Tage nicht konkret habe benannt werden können. Seine Fraktion betrachte die Bildungspolitik bei weitem nicht unter fiskalischen Gesichtspunkten. Insofern sei die aufgestellte Matrix der Verwaltung auch nicht von entscheidender Bedeutung, da eine solche Aufstellung immer von bestimmten Gewichtungen abhänge. Verändere man deren Charakter, komme man schnell zu anderen Ergebnissen. Nach seiner Meinung sei Helmstedt ein vielfältiger Bildungsstandort mit breit gefächertem Angebot und einer bunten Schullandschaft. Dies zu erhalten, habe sich die SPD-Fraktion zur Aufgabe gemacht. Nicht zuletzt die Sicherung der Grundschule in Emmerstedt durch die Umwandlung in eine Außenstelle zeige, dass man sehr viel Wert auf wohnortnahe Schulversorgung lege.
Die oftmals zitierten statistischen Zahlen seien nach seiner Meinung eine Frage der Auslegung. Der Rückgang der Schülerzahlen sei nur dann dramatisch, wenn man den Betrachtungszeitraum auf 20 und mehr Jahre ausdehne. Lege man allerdings nur die aktuelle Entwicklung in den nächsten Jahren zugrunde, so falle auf, dass alle Helmstedter Grundschulen zweizügig bleiben würden. Die hier in Rede stehende Grundschule an der Friedrichstraße würde danach sogar die höchsten Schülerzahlen aufweisen. Die Schließung einer zweizügigen Grundschule wäre in Niedersachsen ein einzigartiger Akt. Außerdem müsste man berücksichtigen, dass bei einer Schließung die Schulwege für einzelne Schüler so lang werden würden, dass sie ein Recht auf Beförderung hätten. Dies würde wiederum zu Kosten führen, die noch nicht weiter betrachtet worden seien.
Abschließend weise er darauf hin, dass die Grundschule Friedrichstraße die einzige Ganztagsgrundschule im Stadtgebiet von Helmstedt sei. Darüber hinaus eröffne die unmittelbare Nachbarschaft zur IGS ungeahnte Entwicklungsmöglichkeiten. Sicherlich sei eine Gesamtschule von Klasse 1 bis Klasse 10 noch nicht gesetzlich verankert, dennoch gebe es in Wolfsburg und Hannover bereits entsprechende Modellversuche. Die Schließung einer Grundschule verbaue Helmstedt nach seiner Ansicht bestimmte Entwicklungsmöglichkeiten, die später nicht wieder nachgeholt werden könnten. Insofern bitte er den Rat darum, die Schließungspläne wieder fallen zu lassen.
Frau Gogolin erklärt, dass die UWG nach Abwägung aller Argumente gegen eine Schulschließung stimmen werde. Sie verweise in diesem Zusammenhang auf die Tatsache, dass es in der Stadt Helmstedt andere Einrichtungen gebe, deren Existenz zu hinterfragen sei. Als Beispiel sei hier das JFBZ genannt, welches mit seiner geringen Auslastung und den hohen Kosten mehr in den Fokus der Diskussion gerückt werden müsse.
Frau Sönmez führt aus, dass Deutschland ein erhebliches Demographieproblem habe. Deshalb sei dringend notwendig, etwas für die Kinder und Jugendlichen zu tun. Schließlich seien es diese Bevölkerungsgruppen, die in der Zukunft den Wohlstand und den Lebensstandard in diesem Lande sichern sollen. Da passe es ihrer Meinung nach nicht ins Bild, wenn man Kinder und Lehrer abschiebt, weil ihre Schule angeblich zu teuer geworden sei. Die Förderung der kommenden Generationen dürfe keine Frage des Geldes sein, denn hier werden die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft gestellt.
Frau Schadebrodt betont, dass sie durchaus Verständnis für die emotionalen und intensiven Diskussionen um die Schulschließung habe. Letztlich gehe es hier um das Wohl, um die Bildung und die Entwicklung von Kindern. Trotz aller Betroffenheit, die auch sie als Ratsmitglied empfinde, dürfe man aber nicht den Blick vor den Tatsachen und Fakten verschließen. So seien im Jahre 1995 noch 1114 Schüler in die Helmstedter Grundschulen gegangen. Aktuell habe sich die Schülerzahl auf gerade einmal 795 reduziert. Die Prognosen gehen davon aus, dass sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler im Jahre 2017 auf einen historischen Tiefstwert von 674 befinden werde. Die Pflicht, bei diesem drastischen Rückgang tätig zu werden, ergibt sich aus dem Niedersächsischen Schulgesetz. Auch der Landesrechnungshof fordere Schulschließungen, wenn die Schülerzahlen auf Dauer erheblich rückläufig seien. Letztlich gehe es auch um das Wirtschaftlichkeitsgebot bei der Verwendung öffentlicher Mittel. Es gehe hier nicht um Sparmaßnahmen auf Kosten der Grundschüler. Vielmehr müsse die pädagogische Qualität an den Grundschulen gesichert werden, indem die Zweizügigkeit auf Dauer erhalten bleibe. Darüber hinaus müsse eine gute Ausstattung der Schulen gewährleistet werden, indem die vorhandenen Mittel auf 5 statt wie bislang auf 6 Grundschulen verteilt werden. Hierzu würden nicht nur die großen Investitionen zur Inklusion, zum Brandschutz oder zur Verhinderung von Amokläufen zählen, sondern auch die vielen kleinen Anschaffungen für einen gelungenen Schulalltag oder für die Einrichtung und Stärkung des Ganztagsangebotes. Im Übrigen weise sie darauf hin, dass es für alle Beteiligten nicht sehr fair sei, wenn beispielsweise die SPD-Fraktion nur bis zum Jahre 2016 planen wolle oder wenn von irgendwelchen gemeinsamen Konzepten mit der IGS die Rede sei, die vom gültigen Schulgesetz gar nicht gedeckt werden würden. Der angesprochene Modellversuch tauge hier auch nicht viel, da die Grundschule kein Versuchsobjekt sei.
Insgesamt dränge sich ihr der Eindruck auf, dass generell vor unangenehmen Entscheidungen zurückgeschreckt werde. Natürlich falle es niemanden leicht, eine Grundschule zu schließen, letztlich müsse man aber das Rückgrat besitzen, auch etwaigen öffentlichen Gegenwind zu ertragen. Alle Helmstedter Grundschulen leisten hervorragende Arbeit, daran gebe es überhaupt keinen Zweifel. Deshalb sei es um so wichtiger gewesen, dass sich die Verwaltung mittels einer objektiven Bewertungsmatrix einen Überblick über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Standorte verschafft habe. Sie denke, dass gerade auch der Aspekt der Nachnutzung ein wichtiger Punkt bei der Betrachtung der Sachlage darstelle. Niemand wird ernsthaft in Frage stellen, dass ein leerstehendes Schulgebäude zusätzliche Kosten verursache. Deshalb sei es wichtig und auch richtig, sich hierüber zum jetzigen Zeitpunkt bereits Gedanken zu machen.
Der von vielen Kritikern geforderte kurze Schulweg für kurze Beine sei nach ihrer Meinung weniger problematisch als befürchtet, da der Einzugsbereich der Grundschule an der Friedrichstraße sehr viele Überschneidungen mit anderen Grundschulen besitze. Sie denke, dass im Ergebnis viele Wege gar nicht länger werden würden.
Ihre Gruppe werde dem Beschlussvorschlag der Verwaltung folgen, da man sämtlichen Argumenten und Untersuchungsergebnissen folgen könne. Die Zustimmung zur Schulschließung verknüpfe man allerdings mit der Forderung, ab dem Schuljahr 2013/2014 mindestens an einer anderen Grundschule ein zusätzliches Ganztagsangebot zu schaffen. Im darauffolgenden Jahr sollte das Ganztagsangebot an allen Grundschulen Standard werden.
Frau Mattfeldt-Kloth macht deutlich, dass der demographische Wandel in aller Munde sei. Ihre Fraktion wolle damit allerdings nicht destruktiv umgehen, sondern sehe die sogenannte demographische Rendite. Das bedeute, dass man nicht streichen, kürzen und schließen wolle. Vielmehr sollten die zur Verfügung stehenden Mittel in die Qualität der vorhandenen Angebote investiert werden. Eine Qualitätssteigerung lasse sich aber gerade nicht durch eine Schulschließung erreichen. Zumal es fragwürdig sei, gerade die Grundschule schließen zu wollen, die perspektivisch über die meisten Grundschüler verfügen werde. Zudem halte die Grundschule an der Friedrichstraße ein Ganztagsangebot vor. Außerdem sei die Schule baulich in einem exzellenten Zustand und hervorragend für die Inklusion geeignet. Aus Sicht ihrer Fraktion gebe es deshalb keinen einzigen Grund, warum man dieser Vorlage zustimmen sollte.
Frau Engelke betont, dass auch die Linke gegen die Schließung der Grundschule stimmen werde.
Herr Preuß erklärt, dass die Verwaltung stets darauf hingewiesen habe, dass die Schließung einer Grundschule nötig werde, sobald diese nur noch einzügig betrieben werde. Dies sei im Falle der Friedrichstraße nicht gegeben. Er persönlich sei kein Freund von Statistiken oder Hochrechnungen, da diese grunsätzlich immer so ausgelegt werden könnten, wie man es für die eigene Argumentation gerade brauche.
Es falle zudem auf, dass immer wieder kleinere Klassen gefordert werden, um noch besser auf die Bedürfnisse der Schüler eingehen zu können. Die aktuelle Entwicklung bei den Schülerzahlen würden diese kleineren Klassenstärken möglich machen, ohne mehr Lehrer oder Räume zur Verfügung stellen zu müssen. Die Gunst der Stunde sollte genutzt werden, um ein optimales Bildungsangebot zur Verfügung zu stellen.
Das Argument der Wirtschaftlichkeit tauge in diesem Zusammenhang nur wenig. Nach seiner Meinung gehöre eine wirtschaftliche Betrachtungsweise in die Industrie aber keinesfalls in die Bewertung einer Schule. Ebenso unsinnig finde er die Idee einer geplanten Kooperation zwischen der Grundschule und der IGS. Dieser Plan scheitere schon an der hohen Schülerzahl, die sich dann auf engstem Raum drängen würde. Er könne sich nicht vorstellen, dass man dies noch in einem pädagogisch vertretbarem Maße strukturieren könne.
Abschließend weise er darauf hin, dass die Grundschule so lange erhalten bleiben sollte, wie eine Zweizügigkeit gewährleistet sei. Da dies bei der Friedrichstraße der Fall sei, stimme er gegen die Schließung.
Herr Kalisch merkt an, dass man die Zahlen einfach nicht wegdiskutieren könne. Die in den Jahren 2001 bis 2006 prognostizierten Zahlen für die jetzige Schulperiode seien eingetreten und damit stelle sich auch die Frage, inwieweit die Aufrechterhaltung von 6 Grundschulen für eine Stadt in der Größenordnung und mit den Schülerzahlen von Helmstedt noch in einem vertretbaren Rahmen realisierbar sei. Die Schließung einer Grundschule sei mit den Stimmen von CDU, SPD und Bündnis90/Die Grünen in das Haushaltskonsoldierungskonzept der laufenden Wahlperiode aufgenommen worden. Die Verwaltung habe mit dieser Vorlage demnach lediglich die politischen Vorgaben umgesetzt. Die entsprechenden Schülerzahlen hätten allen Ratsmitgliedern seit vielen Jahren vorgelegen. Dies sei auch der Grund dafür gewesen, dass man den Zeitpunkt der konkreten Entscheidung immer wieder nach hinten verschoben habe. Fakt sei aber, dass sich die Zahlen zwischenzeitlich nicht geändert hätten. Dennoch, so stelle er persönlich fest, hätten einige Ratsmitglieder den Mut verloren, aufgrund der vorliegenden Zahlen nun auch die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Natürlich sei die zu treffende Entscheidung unangenehm. Dennoch sei man als Politiker dafür verantwortlich, auch einmal unpopuläre Beschlüsse zu fassen. Aus emotionaler Sicht könne er die Eltern, Lehrer und Schüler durchaus verstehen, die für den Erhalt ihrer Schule kämpfen würden. Als Ratsmitglied müsse er aber die Gesamtheit betrachten und die Einzelfälle objektiv betrachten und bewerten. Letztlich gehe es auch darum, die Zeit der Ungewissheit für alle Beteiligten zu beenden. Das Unvermeidliche immer wieder hinauszuschieben mag für den Moment beruhigend sein, es entbinde dennoch nicht von der Pflicht zukünftig eine Entscheidung zu treffen. Er denke, dass man diese Schließung aus Fairnessgründen lieber gleich als später beschließen sollte.
Von 1995 bis 2017 habe man einen Verlust von 440 Schülern in den Grundschulen zu beklagen. Dieser Trend setzt sich nach den derzeitigen Erkenntnissen fort. Davor könne man die Augen einfach nicht verschließen. Dies habe auch weder etwas mit fehlender Wirtschaftlichkeit noch mit Abschiebung zu tun. Es würden schlichtweg die Schüler fehlen, um einen vernünftigen Schulbetrieb auf Dauer aufrecht zu erhalten. Die Finanzlage der Stadt Helmstedt sei hingegen kein entscheidendes Kriterium für die heutige Diskussion über eine Grundschulschließung. Sie spiele allenfalls eine Nebenrolle.
Es verwundert sei er über den Fakt, dass sich viele Gegner der Schulschließung auf den Umstand berufen, dass in der Friedrichstraße eine Zweizügigkeit gegeben sei. Lege man diese Argumentation zugrunde, verwundere es schon, dass die Grundschule Emmerstedt erhalten geblieben sei, obwohl sie nur eine Einzügigkeit garantiere. Dies zeige deutlich, dass es auf solche Strukturen oftmals nicht ankomme. Andere Parameter würden entscheidender sein. Insofern sei die Bewertungsmatrix der Verwaltung aus Sicht der CDU-Fraktion fehlerfrei. In Sachen pädagogisches Konzept würden alle Grundschulen rundherum überzeugen. Hinsichtlich der Länge des Schulweges müsse man einfach feststellen, dass auch die Grundschule an der Friedrichstraße schon heute nicht für jedes Kind vor der Haustür liege und die Kinder teilweise längere Wege in Kauf nehmen müssten. Andererseits dürfe man nicht verkennen, dass man auch zukünftig 4 Grundschulen in der Kernstadt von Helmstedt habe, was gewährleiste, dass kein Kind einen übermäßig langen Weg zur Schule auf sich nehmen müsse. Längere Schulwege seien auch jetzt bereits Realität, aber sie seien auch nach einer Schließung noch in einem vertretbaren Rahmen.
Eine Schließung der Grundschule Friedrichstraße würde darüber hinaus nicht zwingend zu größeren Klassen führen. Es sei ein Rechenexempel, da bei größeren Grundschulen die Klassenobergrenzen nicht immer erreicht werden. So entstünden beispielsweise eben zwei Klassen á 17 Schüler, wo vorher 24 Schüler in einer Klasse gewesen seien.
Auch die Nachnutzung des Gebäudes sei ein sehr wichtiger Punkt. Die finanzielle Situation der Stadt Helmstedt sei alles andere als rosig. Da spiele es natürlich eine nicht unerhebliche Rolle, wenn in das frei werdende Schulgebäude die Bücherei, das JFBZ und das Archiv einziehen könnten und man auf der anderen Seite hohe Mietausgaben einspare. Dies zeige deutlich, dass die Schulschließung nicht gesondert sondern ganzheitlich betrachtet werden müsse.
Die von Herrn Strümpel in die Diskussion gebrachte Nachnutzung der Räumlichkeiten durch die IGS stößt bei seiner Fraktion durchaus auf Zustimmung. Voraussetzung sei hierfür aber, dass der Landkreis eine solche Planung an die Stadt Helmstedt herantragen müsse. Seine Fraktion sei jedenfalls völlig offen, was die weitere Vergrößerung der IGS angehe. Der Gedanke zu einer Modelllösung mit einer IGS von Klasse 1 bis 10 hätte zwar durchaus Charme, sei aber rechtlich derzeit nicht realisierbar.
Die CDU-Fraktion werde dieser Vorlage zustimmen, auch vor dem Hintergrund, dass diese Diskussion in den nächsten Jahren immer wieder geführt werden müsste, wenn es zu keiner Schließung komme. Dieses Thema verschwinde nicht einfach von der Tagesordnung. Die sinkenden Schülerzahlen seien ein Fakt, der den Rat auch in den nächsten Jahren beschäftigen werde.
Sodann beantragt Ratsmitglied Kalisch, über diese Vorlage geheim abzustimmen. Dieses Begehren erreicht mit 25 Ja-Stimmen bei 7 Nein-Stimmen die erforderliche zwei Drittel-Mehrheit. Herr Dr. Possemeyer führt aus, dass man als Kommunalpolitiker in der Tat gefordert sei, auch unangenehme und unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Die SPD-Fraktion sei durchaus bereit, derartige Entscheidungen zu treffen, wenn der Zeitpunkt gekommen sei, wenn es keine andere Lösungen mehr gebe. Im vorliegenden Falle sei der Zeitpunkt allerdings falsch gewählt und zudem betreffe die geplante Schließung auch die falsche Schule. Nach seiner Meinung könne zum jetzigen Zeitpunkt niemand wissen, wie sich die Schulpolitik nach der Landtagswahl am 20.01.2013 entwickeln werde. Insofern sollte man zunächst einmal abwarten, welche Schwerpunkte eine neue Landesregierung in diesem Bereich bilde und welche Projekte sie eventuell initiiere. Darüber hinaus wundere er sich ein wenig, dass der vom Ratskollegen Strümpel in die Diskussion gebrachte Modellversuch mit einer IGS von Klasse 1 bis Klasse 10 so schnell vom Tisch gewischt werde. Er wäre dafür, dass man für ein solches Projekt an diesem Standort streite und sich für ein Modellversuch stark mache, statt immer wieder auf die rechtliche Unmöglichkeit hinzuweisen. Frau Niemann führt aus, dass sie das Gefühl habe, die Diskussion laufe im Moment in eine etwas falsche Richtung. Der SPD-Fraktion gehe es nicht darum, ob man die Grundschule an der Friedrichstraße für eine Schließung auswähle oder aber eine andere Grundschule. Ihre Fraktion spreche sich generell gegen die Schließung einer Grundschule aus, da die prognostizierten Zahlen viel besser aussehen würden als noch vor einigen Jahren. In diesem Zusammenhang empfinde sie es auch als sehr unfair und traurig, dass seit vielen Jahren nur die Grundschule an der Friedrichstraße im Fokus der Diskussion stehe. Immer wieder habe es Gerüchte und Zeitungsberichte über eine bevorstehende Schließung gegeben. Die daraus resultierende Verunsicherung sei bei Lehrern, Eltern und Kindern immens groß gewesen. Es dränge sich nach ihrer Meinung schon die Frage auf, weshalb sich so viele Verantwortliche auf genau diese Schule festgelegt hätten. Eventuell hänge dies mit ihrer Lage in der Unterstadt zusammen. Sie wisse es nicht. Fakt sei aber, dass sich sowohl die Friedrichstraße als auch die Ostendorf-Grundschule in den letzten Jahren sehr um die Integration bemüht hätten. Die Klassen seien sehr bunt, aber auch sehr homogen. Ausländische Kinder würden in kürzester Zeit perfekt die deutsche Sprache lernen. Es herrsche eine ungewöhnlich fröhliche und entspannte Stimmung, so dass man von allen Seiten höre, wie wohl sich die Schüler dort fühlen würden. Dies mache deutlich, dass die ständigen Verunsicherungen für alle Beteiligten eine hohe nervliche Belastung darstellen würde. Deshalb sei es an der Zeit, die Spekulationen zu beenden und die Arbeit dieser Grundschule endlich wertzuschätzen. Frau Bosse betont, dass sie viel lieber über eine Schuleröffnungen beraten und beschließen würde. Allerdings sehe die Realität anders aus. Im Jahre 2017 werden nur noch 674 Grundschüler in Helmstedt eine Schule besuchen. Diese demographische Entwicklung stelle den Rat der Stadt Helmstedt vor eine schwierige Aufgabe. Einerseits wünsche man sich kurze Wege für kurze Beine, andererseits fordere das Land vom Schulträger, dem Wirtschaftlichkeitsgebot Rechnung zu tragen. Die von Herrn Strümpel angedachte Lösung einer in die IGS integrierten Grundschule würde letztlich dazu führen, dass selbst Grundschulkinder durch den ganzen Landkreis gefahren werden müssten. Die Forderung kurze Wege für kurze Beine bliebe hier völlig auf der Strecke. Sie sei ohnehin der Meinung, dass die bestehenden Grundschulen bereits genauso gute integrative Arbeit leisten, wie es die IGS in den oberen Klassenstufe realisiere. Die Notwendigkeit einer Grundschulschließung sei allen Verantwortlichen bereits seit vielen Jahren bekannt. Sicherlich handele es sich hierbei um eine unangenehme Entscheidung. Diese zu treffen, gehöre aber eben auch zum Ehrenamt eines Kommunalpolitikers. Eine Vertagung dieses Beschlusses nutze niemanden etwas. Dies schüre nur weitere Unsicherheit bei Eltern und Lehrern. Letztlich gehe es in dieser Frage auch darum, den nachfolgenden Generationen mehr Handlungsspielraum zu sichern, als man ihn selbst heute habe. Abschließend wolle sie sich noch einmal bei den Lehrern, den Eltern und den Freunden der Grundschule Friedrichstraße für die offene und faire Auseinandersetzung bedanken. Dieses Engagement wünsche sie sich von den Bürgern auch in anderen Bereichen der politischen Arbeit. Letztlich erreiche man durch ein konstruktives und transparentes Miteinander immer mehr, als durch Entscheidungen, die nur von wenigen durchdacht und diskutiert werden würden. Herr Strümpel macht deutlich, dass seine Entscheidung gegen die Schließung der Grundschule keine wahlkampftaktische Maßnahme sei, sondern allein auf sachlichen Erwägungen berufe. Er denke, dass Frau Schadebrodt diese Thematik einfach zu wirtschaftlich betrachte. Eine Konzeption in der Schule sei eine gewachsene Struktur. Diese könne man nicht einfach kopieren und an einen anderen Standort tragen. Das funktioniere in aller Regel nicht. Dies gelte unter anderem auch für ein Ganztagsangebot. Fakt sei, dass er dieses Thema überhaupt nicht mehr anfassen wolle. Eine Grundschulschließung wird es in den nächsten Jahren mit der SPD-Fraktion nicht geben. Herr Schobert bringt zum Ausdruck, dass er die heutige Diskussion im Helmstedter Rat als sehr wohltuend empfinde. Sie hebe sich entscheidend von den in den letzten Wochen ihm gegenüber vorgebrachten persönlichen Anfeindungen und Beleidigungen zu diesem Thema ab. Dies habe ihn insgesamt sehr nachdenklich gestimmt. Letztlich sei er als Bürgermeister der Stadt Helmstedt dem Wohl aller Bürger dieser Stadt gegenüber verpflichtet. Wenn es dann absehbare demographische Entwicklungen gebe, dann halte er es für seine Pflicht, entsprechende Vorschläge für den Rat der Stadt Helmstedt zu erarbeiten. Das diese mit Beleidigungen ihm und seinen Verwandten gegenüber enden würden, könne nicht der Stil sein, mit dem man gemeinsam etwas für diese Stadt erreichen wolle. Er wolle hinsichtlich der geplanten Schulschließung gar nicht auf den Umstand eingehen, dass man unmittelbar vor einer Wahl stehe. Dies ändere sich in den nächsten Monaten nicht, da im Herbst 2013 die Bundestagswahl stattfinden würde. Wahlen würden im Prinzip immer vor der Tür stehen, dies gehöre einfach zum politischen Geschäft. Fakt sei, dass man im vorliegenden Falle nur einen sehr kleinen Ausschnitt des demographischen Wandels betrachte. Zukünftig würden noch ganz andere Entscheidungen vom Helmstedter Rat zu treffen seien. Diesbezüglich weise er einfach einmal auf den Umstand hin, dass vor den Grundschulen noch andere Einrichtungen auf eine ausreichende Anzahl von Kindern angewiesen seien. Die Kindertagesstätten würden die demographischen Auswirkungen ebenso zu spüren bekommen und auch in diesem Bereich wird es schmerzhafte Einschnitte geben. Diese Diskussionen werde man in den nächsten Jahren ebenso führen müssen. Man könne Prognosen, die auf tatsächlichen Geburtenzahlen beruhen würden, nicht einfach ignorieren oder diese in Frage stellen. Des Weiteren gingen einige vorgebrachte Argumente schlichtweg an der Realität vorbei. So habe er sich bei einigen Redebeiträgen spontan gefragt, weshalb man eigentlich in Barmke keine Grundschule mehr habe. Das Motto kurze Wege für kurze Beine wird hier doch ad absurdum geführt. Dieses Beispiel zeige deutlich, dass man an bestimmten tatsächlichen Entwicklungen nicht vorbeikomme. Wenn einige Ratsmitglieder äußern, dass sie das Thema in dieser Legislaturperiode nicht mehr anfassen wollen, dann frage er sich schon, wo die Grenze erreicht werde. In 5 Jahren werde man noch 120 Schüler weniger in den Grundschulen haben. Die Frage muss gestattet sein, wann der Punkt erreicht sei, wo auch die letzten Kritiker einen Handlungsbedarf nicht mehr wegdiskutieren können. Das es 120 Schüler weniger sein werden, könne man an den Geburtenzahlen ablesen. Dies sei ein belegbarer Fakt und keine Annahme. Insofern zeichne sich die Entwicklung ganz klar ab und auf diese müsse man nunmehr reagieren. Die angesprochene demographische Rendite würde sich auszahlen, wenn man die vorhandenen finanziellen Mittel statt auf 6 nur noch auf 5 Standorte konzentriere. Es bleibe für jeden der 5 Schulstandorte mehr Geld übrig, was in der Folge logischerweise die Qualität jedes einzelnen Standorts heben würde. Abschließend weise er darauf hin, dass egal wie die heutige Entscheidung ausfalle, das Thema demographischer Wandel und seine Folgen den Rat der Stadt Helmstedt nicht verlassen werde. Weitreichende Entscheidungen werden zu treffen seien. Dies sei eine logische Entwicklung, da die Bevölkerung der Stadt Helmstedt immer weiter sinken werde. Sodann fasst der Rat der Stadt Helmstedt in geheimer Abstimmung mit 13 Ja-Stimmen bei 22 Nein-Stimmen folgenden
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