Stadtsanierung Helmstedt;- Bau der Verbindungsstraße Beek -
Protokoll:
Herr Buttler gibt den Sachverhalt anhand der Vorlage bekannt und verliest den Beschlussvorschlag.
Herr Preuß betont, dass seine Fraktion diese Straße für vollkommen überflüssig halte. Das Problem sei schlichtweg, dass es für die dann erschlossenen Flächen nach wie vor keinen Investor gebe und die gesamte Verkehrssituation nach dem Ausbau überhaupt nicht durchdacht worden sei. Darüber hinaus operiere man hier mit Steuergeldern, die bei anderen Projekten wesentlich besser aufgehoben wären. Mit Blick auf die nachfolgenden Generationen, die diesen Irrsinn finanzieren müssten, bitte er die anwesenden Ratsmitglieder noch einmal eindringlich darüber nachzudenken, ob der Bau dieser Straße wirklich notwendig sei. Die NPD-Fraktion werde dieser Vorlage konsequenterweise nicht zustimmen.
Herr Strümpel erklärt, dass der Wortbeitrag des Ratsmitgliedes Preuß deutlich zeige, dass er und seine Partei rückwärts gerichtet seien. Es bleibe nur zu hoffen, dass die NPD zukünftig nicht mehr dem Rat der Stadt Helmstedt angehören werde. Die SPD-Fraktion habe sich mit der vorliegenden Thematik sehr schwer getan. Unstrittig sei bei allen Beteiligten, dass man die Verkehrsführung von Osten her ändern wolle. Dies hänge natürlich untrennbar mit der Regelung für den Marktplatz zusammen, welcher nach Meinung seiner Fraktion geschlossen bleiben solle. Deshalb sei es wichtig, zukünftig für eine klare Verkehrsführung in der Innenstadt zu sorgen, welche auch und vor allem dem Umstand Rechnung trage, dass sich viele Menschen von Osten her der Innenstadt nähern würden. Der fraktionsinterne Streitpunkt sei in diesem Zusammenhang der geplante Abriss der Bullenställe gewesen. Über die Notwendigkeit dieses Abrisses gebe es verschiedene Ansichten, die allesamt ernst genommen werden müssten. Allerdings habe sich in der SPD-Fraktion die Meinung durchgesetzt, dass diesen Gebäudeteilen eine nicht so hohe Priorität einzuräumen sei, wie anderen historischen Bauten. Zudem mache nach Auffassung der Mehrheit seiner Fraktion eine Verbindungsstraße in diesem Bereich nur dann Sinn, wenn sie auch breit genug sei, um zukünftige Verkehrsentwicklungen problemlos zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang verweise er zudem auf den Umstand, dass man am heutigen Tage zunächst den Grundsatzbeschluss fasse. Die nähere Gestaltung und weitere Details des Ausbaus würden in den kommenden Monaten Gegenstand intensiver Beratungen und Diskussionen werden. Er könne sich beispielsweise vorstellen, dass man einige der alten Steine nach dem Abriss dazu benutze, eine Art Mauertorso zu errichten. Das Beispiel Königslutter zeige, dass diese Art der Gestaltung durchaus attraktiv sein könne. Die SPD-Fraktion werde dem Beschlussvorschlag mehrheitlich zustimmen, damit die weitere Verkehrsentwicklung in der Innenstadt voranschreiten könne.
Herr Dr. Dirksen betont, dass auch die FDP-Fraktion diesem Beschlussvorschlag geschlossen zustimmen werde. In diesem Zusammenhang erinnere er an den mehrheitlich gefassten Beschluss den Marktplatz zu sperren. Diese Sperrung zwinge den Rat geradezu, nach Alternativen zu suchen, um den Verkehr auch in die untere Stadthälfte zu führen. Dabei seien sich alle Beteiligten einig gewesen, dass die Verbindungsstraße am Beek die einzig sinnvolle Möglichkeit sei, dieses Ziel zu erreichen. Es sei zwar bis zu diesem Zeitpunkt nicht über die Ausmaße des Straße gesprochen worden, aber das ein Ausbau erfolgen solle, sei auf breite Zustimmung gestoßen. Des Weiteren gebe es bislang noch keine Festlegungen, wie die weitere Gestaltung dieses Areals aussehen solle. Alle Beteiligten hätten erklärt, dass man in dieser Frage gesprächsbereit und offen für Vorschläge sei. Fest stehe aber, dass man diesen Bereich aufwerten wolle. Bei einer Fläche von 8.000 m² seien auch Kombinationen verschiedener Elemente denkbar.
Er wolle jedoch nicht verhehlen, dass es in seiner Fraktion Diskussionen darüber gebe, ob und in welcher Form dieser Maßnahme ein schlüssiges Verkehrskonzept zugrunde liege. Letztlich werde der Verkehrsversuch zeigen, ob sich die erhofften positiven Aspekte für den Verkehr realisieren lassen.
Frau Weihmann merkt an, dass auch sie die Notwendigkeit eines ausgebauten Beek sehe. Sofern sich der Rat am heutigen Abend jedoch für einen Ausbau nach Variante 1 A des Beschlussvorschlages entscheide, bedeute das unweigerlich den Abriss der hinteren Gebäude, welche das ganze Ensemble erst zu einer historischen Hofanlage machen würden. Nach ihrer Auffassung sollten diese Gebäudeteile deshalb erhalten bleiben, weil die Stadt Helmstedt immer wieder betone, sich engagiert und tatkräftig für den Erhalt ihrer historischen Bausubstanz einsetzen zu wollen. Auch wenn die Bullenställe kein reißerischer Blickfang seien, würde das gesamte Ensemble nicht zu unrecht unter Denkmalschutz stehen. Sie denke schon, dass man die Gebäude mit Phantasie in ein Verkehrskonzept einbinden könne. In diesem Zusammenhang weise sie auch auf die Äußerungen der Verwaltung in der Ursprungsvorlage hin, wonach die zwingende Notwendigkeit für einen Zweirichtungsverkehr an dieser Stelle nicht gegeben seien. Sie könne nicht nachvollziehen, weshalb sich diese Ansicht zwischenzeitlich total geändert habe. Abschließend verweise sie auf die Möglichkeit, das Stadtarchiv in den Bullenställen unterzubringen. Nach ihrer Ansicht könnte sich eine Renovierung und entsprechende Gestaltung der Räumlichkeiten bereits im Laufe von 10 Jahren amortisieren, wenn man dafür die bislang anfallenden Mietkosten und nicht zuletzt die dann wegfallenden Kosten für den Abriss gegen rechne. Nach einem Gespräch mit der Stadtarchivarin könne sich diese einen Umzug in die Bullenställe sehr gut vorstellen. Da sie die Variante 1 A für eine der schlechteren Möglichkeiten halte, werde sie der Beschlussvorlage in dieser Form nicht zustimmen.
Herr Junglas erwidert, dass sich die Unterbringung des Stadtarchivs in den Bullenställen nach Berechnungen der Verwaltung überhaupt nicht amortisiere. Darüber hinaus weise er bezüglich der Aussagen des Ratsmitgliedes Preuß darauf hin, dass man für den Bau der Straße keine Kredite in Anspruch nehmen werde. Der Ausbau werde komplett aus Eigenmitteln finanziert.
Herr Preuß antwortet, dass ihn die Aussage des Ersten Stadtrates in keiner Weise überzeugen könne. Fakt sei, dass die Stadt Helmstedt über einen defizitären Haushalt verfüge, was letztlich bedeute, dass alle Investitionen durch Kredite finanziert werden müssten. Es sei wenig hilfreich, dass fehlende Geld von einem Posten zum anderen zu schieben und den Leuten dann erklären zu wollen, dass bestimmte Maßnahmen aus Eigenmitteln finanziert werden. So lange man ein Defizit vor sich her schiebe, besitze man auch keine Eigenmittel für Investitionen. Hinsichtlich der hier schon mehrfach angesprochenen Verkehrsführung wolle er anmerken, dass die Öffnung der Innenstadt für den Verkehr aus dem Osten wohl nicht ganz zu Ende gedacht worden sei. Erstaunlicherweise werde der Autofahrer, welcher sich aus Richtung Magdeburger Straße auf die Innenstadt zu bewege, bereits kurz vor dem Papenberg wieder aus der Innenstadt heraus gelenkt. Dies erscheine ihm doch reichlich widersinnig und als eine Öffnung der Innenstadt für den Verkehr aus dem Osten könne er dies nicht empfinden. In der Folge des Ausbaus der Verbindungsstraße am Beek ist es seiner Ansicht nach zudem erforderlich, für den Busverkehr die Aufpflasterungen an der Streplingerode und am Langen Steinweg zu entfernen. Gegebenenfalls sei sogar eine Ampelanlage an der Schillerstraße zu installieren, damit der sich dort stauende Verkehr ordnungsgemäß abfließen könne. Das außerdem zu erwartende Chaos um das neue Parkhaus herum wolle er hier gar nicht erst erwähnen. Nach seiner Meinung werde der gesamte Verkehr immer um die Innenstadt herumkreisen.
Abschließend wolle er noch auf das leuchtende Beispiel verweisen, welches die Stadt Helmstedt dem Bürger bezüglich des Denkmalschutzes gebe. Während den privaten Bauleuten bei einem falschen Einbau von Fenstern bereits der gesamte Bau stillgelegt werde, reiße man hier ganz locker ein ganzes Gebäude ab, welches unter Denkmalschutz stehe. Aus den vorgenannten Gründen könne man diese Vorlage eigentlich nur ablehnen.
Herr Buttler erklärt, dass er während seiner langjährigen Tätigkeit im Rat der Stadt Helmstedt festgestellt habe, dass Änderungen im Bereich der Innenstadt nicht mehr umkehrbar seien. Deshalb sei es wichtig und gut, dass über dieses Thema ausführlich, kontrovers und offen diskutiert werde. Er persönlich stehe dem Bau der Verbindungsstraße eher skeptisch gegenüber, was mit der Tatsache zusammenhänge, dass ihm schlichtweg das Gesamtkonzept für die Verkehrsführung in der Innenstadt fehle. Insofern könne man diese einzelne Maßnahmen auch wenn sie im Einzelfalle berechtigt sei lediglich als Stückwerk betrachten. In diesem Zusammenhang halte er auch nichts von einer Umkehrung der Straße Magdeburger Tor. Entscheidend sei dabei für ihn, dass für das Areal der Edelhöfe kein Investor existiere und man somit überhaupt keine Kenntnis davon habe, welche Verkehrsführung ein potentieller Geldgeber in diesem Bereich für sinnvoll erachte. Auch wenn die Umkehrung zunächst als Verkehrsversuch deklariert werde, sei wohl allen Ratsmitgliedern bewusst, dass eine Rücknahme dieser Maßnahme dann fast unmöglich werde. Trotz dieser kritischen Betrachtungsweise werde er mit seiner Fraktion der Beschlussvorlage zustimmen. Er habe die Gelegenheit jedoch nutzen wollen, um deutlich zu machen, dass es auch in der CDU durchaus Ratsmitglieder gebe, die dieser Baumaßnahme eher skeptisch gegenüberstehen würden.
Herr Wien betont, dass seine Gruppe dieser Beschlussvorlage zustimmen werde. Diese Zustimmung erfolge zwar nicht mit voller Überzeugung, aber letztlich sei für die BFH/UWG-Gruppe entscheidend, dass dieses Areal überhaupt einer sinnvollen Nutzung zugeführt werde. Natürlich habe der Ratskollege Buttler recht, wenn er sage, dass es sich bei dem Bau der Straße um Stückwerk handele. Allerdings lebe man in einer tausendjährigen Stadt und müsse mit gewissen gewachsenen Strukturen umgehen. So gesehen würden fast alle Maßnahmen in der Innenstadt den Charakter von Stückwerk besitzen. Es sei jedoch Fakt, dass sich ohne diese punktuellen Eingriffe nichts entwickeln würde, da man auf die Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes nach seiner Meinung einfach zu lange warten müsste. Darüber hinaus möchte er darauf hinweisen, dass man am heutigen Tage nicht über Fragen der Finanzierung, der Verkehrsführung oder der Gestaltung entscheide, sondern lediglich den grundsätzlichen Beschluss fasse, ob diese Straße gebaut werden solle. Seine Gruppe sei ganz klar für den Bau der Straße, weil man der Überzeugung sei, dass diese Querung den Wert des nebenliegenden Grundstücks für einen Investor enorm erhöhen werde. Insofern stelle die Verbindungsstraße am Beek auch eine große Chance dar, eines der Problemfelder in Helmstedt einer endgültigen Lösung zuzuführen. Abschließend könne er erklären, dass die Schutzwürdigkeit der Bullenställe nach seiner Meinung in diesem Falle hinter die weitere Entwicklung der Stadt zurücktreten müsse.
Herr Gehrke trägt vor, dass er dem vorliegenden Beschlussvorschlag nicht zustimmen werde. Dabei beziehe sich seine Ablehnung nicht auf den Bau der Straße, sondern auf den Umstand, dass dieser Ausbau eine 8,50 Meter breite Trasse produzieren werde. Er könne sich ebenso wie seine Fraktionskollegin Weihmann sehr gut vorstellen, dass man an dieser historischen Stätte das Altarchiv der Stadt Helmstedt unterbringen könne. Momentan zahle man für die Unterbringung des Archivs an der Poststraße eine jährliche Miete von ca. 16.000 €. Ein Umbau der Bullenställe würde nach Informationen der Verwaltung etwa 265.000 € kosten. Die Abbruchkosten in Höhe von 90.000 € würde man bei einer Umnutzung der Ställe natürlich sparen. Dies bedeute, dass man noch einen Betrag von 175.000 € aufzubringen hätte. Diese Aufwendung amortisiert sich durch die ersparten Mietbeträge in 13 oder 14 Jahren. So gesehen sei die dargestellte Variante durchaus eine Möglichkeit, über die ernsthaft diskutiert werden sollte.
Darüber hinaus müsse man sich die Frage stellen, was den Wert einer Stadt ausmache. Er glaube nicht, dass es von besonderer Bedeutung sei, wenn man in der Innenstadt schnell von A nach B komme. Es seien vielmehr die Merkmale, Eigenheiten und Charakteristika in der Bausubstanz, die eine Stadt typisch und unverwechselbar machen würden. Insofern sei es Aufgabe der politisch Handelnden, Kompromisse zu finden, die beiden Ansprüchen gerecht werden würden. Im vorliegenden Falle gehe es auch überhaupt nicht um die Ställe an sich. Entscheidend sei, dass die Bullenställe als Teil eines Ensembles einen wesentlichen Beitrag zur Historie der Stadt darstellen würden und deshalb schützenswert seien. Er könne sich an einige Entscheidungen in diesem Rat erinnern, die ihn persönlich noch heute schmerzen würden. Hierzu würden der Durchbruch durch die Domäne St. Ludgeri und der Ausbau der Goethestraße gehören. Fakt sei, dass alle Ratsmitglieder auch einmal Fehler machen würden und zuweilen Entscheidungen getroffen werden, die sich in der Rückschau als falsch herausgestellt hätten. Wichtig sei aber, dass man aus vergangenen Fehlern lerne und diese möglichst nur einmal begehe.
Sodann fasst der Rat der Stadt Helmstedt mit 27 Ja-Stimmen bei 4 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen folgenden Beschluss:
Der Ausbau der Verbindungsstraße wird wie in Variante 1a (Anlage 1) dargestellt, ausgeführt.
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